Antike Helden

Cave Regi!

Erat nullum bellum atrocius magniusque illo bello ludi latrunculorum, in quo iuventus Muldentalis in Goerlitzis iuventutem lusit. Hunc ludus, hanc pugnam, hoc bellum in aeternitam meminerimus; inde consilium mihi lectoribus huius historiae omnia tradere, sine ira et studio, quorum causas procul habeo.

Die Antike war nie leicht gewesen ... doch auch die Neuzeit hat ihre Problemchen ...

Wenn Odysseus damals geahnt hätte, welche nervliche Zerreißprobe eine Fahrt quer durch Sachsen bis an die polnische Grenze darstellen kann, dann hätte er seine Irrfahrten wohl nur halb so schlimm gefunden. Wahrscheinlich hätte er sie sogar genossen, sich mit einem kühlen Glas Orangensaft ans Sonnendeck gelegt und alle ab und an vorbeischauenden Zyklopen höchstens mit ein paar Witzchen bedacht.
Auch Vergil hätte wohl davon abgesehen, seinen Aeneas kreuz und quer durchs Mittelmeer zu jagen und ihn stattdessen direkten Weges an die Neiße geschickt. Nach Goerlitz.

Dabei scheint es im modernen Kontext einer Wilkauer U20-Mannschaft fast schon angebrachter, statt Irrfahrten die viel passendere Bezeichnung Hetzfahrten für das zu wählen, was wir an diesem denkwürdigen Samstag zu erleiden hatten. Es begann alles wieder einmal ganz früh am Morgen; aber nicht zu zeitig! Denn wie sich herausstellte, ist das Sonnabend-Früh-Viel-Zu-Spät-Aufstehen kein allein kaytypisches Phänomen, so wie es bisher immer dargestellt wurde. Es kann selbst dem besten - ja sogar dem allerbesten - Mannschaftsleiter passieren...

Ohne das weiter ausführen zu wollen seien hier zwei rote Bienchen im Mannschaftsleiterheftchen vermerkt. Hinzu kommt jeweils ein grünes Bienchen für Erik und Kay, die im entlegensten Winkel Hartmannsdorfs eine halbe Stunde männlich in der Kälte ausharrten und entsprechend abgehärtet wurden. Immerhin blieb die Hoffnung, dass die beiden die dort angesammelte Coolness später auch aufs Brett bringen könnten...

Mit Verspätung kam unsere Mannschaft also schließlich am Treffpunkt Eckersbacher Prunkviertel zusammen. Zum Genuss der plattenbaulichen Idylle fehlte aber leider jegliche Zeit. Stattdessen kletterten wir schnellen Fußes in Frau Klemms Neunsitzer, um als "Fanfarenzug Crimmitschau" getarnt die Segel Richtung A4 zu setzen.

Über 2 Stunden Fahrt standen bevor, vorbei an Chemnitz und Dresden, weiter durch die Lausitz und schließlich noch mehrfach durch Görlitz selbst, bis wir das Spiellokal schließlich finden würden. Enge, Müdigkeit, Hunger, Heimweh und nicht zuletzt Hitradio RTL zerrten merklich an den Nerven und trieben die gesamte Mannschaft fast in den Wahnsinn. Wir fingen an, mit unseren mittelmäßig ausgeprägten Gesangskünsten ehrenhafte Oldies zu schänden und machten selbst vor der eigenen Mannschaftshymne nicht halt. Einige waren gar so weit in die Irre getrieben, dass sie plötzlich Kinderbücher über zaubernde Kinder interessant zu finden begannen.
Eine umfassende Beschreibung der geistigen Unzurechnungsfähigkeit möchte ich dem Leser an dieser Stelle lieber ersparen. Unsere Ankunft am Görlitzer Spiellokal erfolgte jedenfalls noch bevor wir so weit waren, uns gegenseitig die Arme abzuknabbern. Mit blutunterlaufenen Augen nahmen unsere Mannen an ihren Brettern Platz.

Dank der Görlitzer Gastfreundschaft war eine Spielverlegung um eine Stunde, d.h. auf 10 Uhr, möglich. Dafür, dass wir deswegen wirklich ausgeschlafener waren, ließen sich im Spielverlauf aber leider keine Anzeichen finden.

Die Partien

Die Eröffnungsphase musste ich wohl mit gemischten Gefühlen betrachten. David trieb am fünften Brett frühzeitig einen Bauern in die gegnerische Bretthälfte, doch statt solidem Raumvorteil schien dieser wohl eher eine Schwäche darzustellen. Sein Gegner konnte großen Druck gegen die weiße Speerspitze entwickeln und kam mit den schwarzen Steinen gut in die Partie. Isabell ließ dafür ein Brett höher Hoffnung keimen. Sie gewann als Schwarzspielerin früh einen Bauern und erreichte eine gut spielbare Position. Am zweiten Brett wiederum gab Kay früh einen Bauern, um mit den schwarzen Steinen die Initiative an sich zu reißen. Tatsächlich drängte er den Anziehenden schnell in die Defensive. Sämtliche Figuren migrierten zum Königsflügel und schielten auf den weißen Monarchen. Auch hier durften wir Hoffnungen auf einen Punktgewinn hegen. Letztlich blieb neben Miguels und Eriks zunächst recht ausgeglichenen Stellungen noch Michael am vordersten Brett, der eine sehr interessante Position zu verwalten hatte. Er spielte mit zwei verbundenen Freibauern am Damenflügel gegen zwei Mehrbauern im Zentrum seitens des Schwarzen. Hier war überall noch alles offen.

Es ging um die Wurst - doch leider kam es für uns zum wurst case scenario (pun intented!): David konnte seinen übermütigen Bauern nicht mehr festhalten und musste sich durch ein nachteiliges Endspiel quälen. Leider ließ sein Gegner keine Luft mehr an den Materialvorteil und klebte bis zum Bauernendspiel an seinem Plus. Selbst Isabells gute Stellung ging binnen einiger weniger Züge in die Brüche. Es bedurfte einer kleinen Unachtsamkeit, und eine ganze Figur ging ohne jedes Gegenspiel verloren. Sowohl Isabell als auch David reichten schließlich die Hand zur Aufgabe.

Déjà vu? Das Einbrechen des Unterhauses hatten wir erst eine Runde zuvor erlebt - und wie gegen Chemnitz konnten die vorderen Bretter den Rückschlag nicht abfedern. Michael hatte an Brett 1 zunächst zwar große Erwartungen geweckt, indem er eine Figur gewann, doch scheiterte auch er. Um die Brücke zur Antike zu schlagen: Sein Spielverlauf erinnert an den Feldzug des Persers Kyros, der gegen seinen Bruder Artaxerxes II. mit einer Armee griechischer Söldner antrat und bei Kurnaxa einen glorreichen Sieg errang. Leider machte er den Fehler, in dieser Schlacht selbst zu fallen. So wurden alle Bemühungen zur vertanen Liebesmüh.

Mit anderen Worten: Auch Michael konnte das Matt nicht abwenden. Trotz dass Miguel seine Partie fehlerfrei und souverän zum Sieg führte, sahen wir beim Stand von 1:3 nun langsam die Felle davonschwimmen. Kays anfängliche Initiative verblasste zunehmend und seine Angriffsversuche mündeten in einer kaum haltbaren Stellung. Erik musste wegen des unklaren Ergebnisses ein Endspiel weiterführen, das kaum Hoffnungen auf einen Gewinn entlocken konnte. Er verlor es schließlich sogar, kurz nachdem sich bereits Kay geschlagen gegeben hatte.

SV Görlitz   SV M Wilkau-Haßlau

Schindler,Jonas
 1 : 0
Michael Schulz
Nitsche,Paul
 1 : 0
Kay Schaarschmidt
Duenzel,Jonas
 0 : 1
Miguel Rivera Boris
Koenig,Lars
 1 : 0
Isabell Hirsch
Reimann,Daniel
 1 : 0
David Klemm
Roensch,Georg
 1 : 0
Erik Baumann
 
 5 : 1
 

Ein 1:5 zu unterschreiben ist natürlich bitter für jeden Mannschaftsleiter. Die Heimfahrt war entsprechend schweigsam. Mit der zweiten Niederlage in Folge sind wir nun vom ersten Platz verdrängt worden und auf den vierten zurückgefallen. Görlitz führt nun mit einem Punkt Vorsprung die 2.Sachsenjugendliga an, Kitzscher, Leuben und wir folgen punktgleich.

Damit sind für den SV Muldental noch nicht alle Messen gelesen: In der nächsten Runde treffen Dresden-Leuben und Görlitz aufeinander, während wir daheim Kitzscher empfangen. Sollten wir im Ärztehaus die Pechsträhne beenden können, sind wir im Rennen um einen der ersten beiden Plätze wieder vorn dabei. Doch selbst dann blieben mit Gohlis und Coswig zwei schwierige Gegner.

Abwarten und Bier trinken!

Markus Bindig


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